Make/machen: Machtausübung. Lust an der Machtausübung, jemand etwas fühlen zu  lassen.

Warum Fiktion? Weil wir dann keine Angst vor der Öffentlichkeit haben müssen.

Warum Nacherzählung? Eine Rückversicherung, dass meine Gedanken eine Ursache in der Wirklichkeit haben. Meine verzwickten Gedanken sind anhand einer auf der Handlungsebene intensiven Wirklichkeit plausibler zu erzählen.

Wenn es gut läuft, erwidert das sympathische, engagierte Publikum in der ersten Reihe meinen Blick. Bekomme ich die Rückmeldung, dass meine Erzählung sie mitnimmt. Nickt jemand. Die Audience in der Generalprobe: R, den ich später kennenlernen werde, nickt und schüttelt permanent den Kopf, als Zeichen seines Zuhörens, seines Mitgehens, seines Mitfühlens mit der Ablehnung, die ich schildere. Mein Wunsch nach dem Gefühl der anderen, mein Misstrauen in das Gefühl der anderen. Wann immer jemand lacht, freue ich mich und denke später oft: Niemals hätte ich an dieser Stelle gelacht, wer findet denn sowas lustig. Serving the humour of people with whom I don’t share my humour.

Wenn es schlecht läuft, ziehe ich einfach knallhart durch. Ich bin charming vor einer Audience, die mich nicht charming findet. Ich pralle an den überm Bauch verschränkten Armen in der ersten Reihe ab und schmeiße mich weiter dagegen bis halt der Monolog zu Ende ist.

Warum es mich so interessiert, wie die Leute mich ansehen?

Warum ich auch so nah dran performen muss. Kaum eine Show, ich glaube, keine Show, in die ich im letzten Jahr getanzt habe, in der ich nicht mindestens einer Person in der ersten Reihe sekundenlang intensiv auf die Knie starre.

How do I make YOU feel?

Vier Meter Distanz: Offer me a private moment. Der private Moment ist, dass ich mich eincreme, unter einer Schwarzlichtlampe sitzend, in einer weißen Spitzenunterhose. Ich stimme C zu, die beobachtet: umso nackter ich bin, umso abstrakter ist das Stück. Meine Haltung ermöglicht es den Leuten, mich in Ruhe anzuschauen, weil ich, während ich nackt bin, beiläufig singe, mich abtrockne, mich eincreme und also auch beiläufig nackt bin und wie mache ich das genau? Entsexualisiere ich meine eigene Nacktheit oder entobjektifiziere sie? Is that even possible? Oder ist das ein reflexartiger Gedanke, wie: Nacktfotografie nur, wenn sie geschmackvoll ist?

Der Rotary Club im Publikum hält den Atem an, sobald ich nackt bin. Jetzt keine falsche Bewegung, kein Lachen, eine ängstliche Andacht.

Später spekuliert D: Für die wenigen Frauen war es wahrscheinlich toll, dass du so geschrien hast, die würden sicher auch gerne mal so schreien. I doubt it. Ich habe noch nie eine Frau auf der Bühne schreien hören und gedacht: Könnte ich doch nur so schreien. (Ich habe aber einmal H singen hören, im Garten, auf ihrer Geburtstagsfeier, mit voller, untrainierter Stimme, und sie intensiv beneidet, während sie mich auch gerührt hat. Inbrünstig und unironisch Talkin´ Bout a Revolutionsingen. Keine Scham für die eigene Stimme.) D, der Lichtdesigner, der einige Tage zuvor einen 3D-Scan von mir angefertigt und sich jedes Mal entschuldigt hat, wenn er notwendigerweise sein Gerät auf meinen Hintern ausrichten musste, nimmt an, dass es für die Frauen im Publikum gut war, dass ich so geschrien habe.

Ich muss an das unsägliche Publikumsgespräch zu Cs Stück denken, A lebt noch, ist da und tut ihr möglichstes, um „auch mal andere Stimmen gehört werden“ zu lassen, der Dude, der später erzählt, dass er beruflich Frauenbeine fotografiert, sagt zu den Performerinnen: Und so klingt ihr, wenn ihr Sex habt? Das glaub ich euch nicht.

2 Meter Distanz: From now on this is just for you. I try to keep it soft, I try to be gentle with myself. I kind of like it when things go slowly. Ich lege den Kopf in den Nacken und fixiere irgendeine Person auf Augenhöhe. Ich hätte gerne mehr Kontrolle über meine Gesichtszüge.

Keine Distanz: Ich dive in die Sitzgruppe hinein. Mein sonst gar nicht so spektakulärer Move wird eine kurze Sensation, weil er direkt vor den Knien der engen Sitzgruppe liegt. In der letzten Vorstellung hat sich der einzige Mensch, der da ganz nah sitzt, in seinem Stuhl herumgedreht, sodass mein einer akrobatischer move ins leere geht – my success remains unnoticed.

I just want to make you feel SOMETHING. Jede Reaktion ist gut, es heißt, wir sind beide da, ihr ignoriert mich nicht. Als ich auf euch zuschlittere, zieht ihr die Beine weg und eure Arme an den Körper.

Die Schauspielprofessorin im Publikumsgespräch spricht den ultimativen Diss aus: Ich habe einfach die Augen geschlossen, um der wunderschönen Musik von Tschaikovsky zuzuhören, und ich hatte keinen Grund, sie wieder aufzumachen.

Sie sagt auch: Normalerweise sprechen Tänzer*innen nicht, und ich frage: Is that a suggestion? Es ist aber natürlich, wie überhaupt alles, nur eine Bemerkung.

Variabler Abstand: I am greeting the space. Ich öffne meine Haut, meinen Blick lasse ich dafür ziellos, ich biete wieder dem Publikum die Gelegenheit, sich in Ruhe von mir berühren zu lassen, ohne von meinem erwidernden Blick dabei gestört zu werden. Nonconfrontational closeness.